Prüfklassen nach EN 12600:2000 und DIN EN 356 bei Fensterfolien
In Ausschreibungen und Sicherheitskonzepten tauchen sie ständig auf: 2B2 und 1B1 nach EN 12600:2000 sowie P2A / P3A nach DIN EN 356 (teils auch als A1 nach DIN 52 290 bezeichnet). Dieser Technikartikel erklärt, was die Klassen bedeuten, wofür sie stehen und wie Sie sie korrekt für Planung & Ausschreibung formulieren – ohne Produktwerbung und ohne Kollision zur Produktkategorie.
🧾 Schnellüberblick: Was wird hier überhaupt geprüft?
- EN 12600:2000 (1B1 / 2B2) = Pendelschlag / Stoßbeanspruchung (typisch: “Person prallt gegen Glas”)
- DIN EN 356 (P2A / P3A) = Widerstand gegen Angriff / Durchbruch (Kugelfalltest; “Einwirkung von außen”)
- DIN 52 290 (A1) = ältere/alternative Bezeichnung, die in Bestandsunterlagen noch vorkommt
Wichtig: Die Normen prüfen unterschiedliche Szenarien. In der Praxis werden sie je nach Risiko einzeln oder kombiniert gefordert.
🪟 EN 12600:2000 – was bedeuten 2B2 und 1B1?
Die EN 12600 klassifiziert Verglasungen nach ihrem Verhalten bei einem Pendelschlagversuch. Dabei wird simuliert, dass eine Person gegen eine Glasfläche prallt (z. B. Ganzglas-Türen, Trennwände, bodennahe Verglasungen).
So liest man den Code (vereinfacht)
- 1 / 2 / 3 = Stoßenergie-/Fallhöhen-Kategorie (1 ist höher als 2; je “besser”, desto höhere Kategorie)
- B = Bruchbild-/Sicherheitsverhalten (typisch: splitterbindendes / sicheres Bruchverhalten)
- 1 / 2 / 3 am Ende = Bruch-/Resttragverhalten (vereinfachte Einordnung der Gefährdung durch Bruchstücke)
2B2 – typische Einordnung
2B2 ist eine häufig geforderte Sicherheitsklasse im Objektbereich, wenn ein basaler Personenschutz gegen Stoßbeanspruchung gefordert wird (z. B. Verkehrsflächen, Bürotrennwände, Türen).
1B1 – höhere Anforderung
1B1 wird oft dort verlangt, wo erhöhte Personensicherheit gefordert ist (z. B. stark frequentierte Bereiche, bestimmte öffentliche Gebäude, höhere Risikozonen). In der Planung ist 1B1 regelmäßig die “strengere” Forderung gegenüber 2B2.
Praxis-Tipp: Wenn eine Folienlösung zur Erreichung von EN 12600 herangezogen wird, muss die Prüfung immer als System aus Glas + Folie (inkl. Montageart) verstanden werden.
🛡️ DIN EN 356 – was bedeuten P2A und P3A?
Die DIN EN 356 beschreibt den Widerstand von Verglasungen gegen Angriffe / Durchbruch. Für die Klassen P1A bis P5A wird typischerweise ein Kugelfalltest (A-Klassen) verwendet.
P2A – grundlegender Durchwurf-/Angriffsschutz (A-Klasse)
P2A steht für einen definierten Widerstand im Kugelfalltest und wird in Projekten oft als Basisanforderung für erhöhte Robustheit bzw. durchwurfhemmende Wirkung genutzt. Typisch: zugängliche Glasflächen, Erdgeschossbereiche, sensible Innenzonen.
P3A – höhere Anforderung innerhalb der A-Klassen
P3A liegt über P2A und wird gefordert, wenn ein deutlich höherer Widerstand gegen wiederholte Einwirkung erwartet wird (z. B. exponierte Lagen, erhöhte Angriffswahrscheinlichkeit).
Für die Ausschreibung entscheidend: P2A/P3A sind keine “Foliendicken”, sondern System-Performance – abhängig von Glasaufbau, Folienaufbau, Randanbindung und Montagequalität.
📎 DIN 52 290 – was bedeutet A1 (und warum steht das noch in Unterlagen)?
In Bestandsobjekten und älteren Prüfnachweisen findet man häufig noch DIN 52 290 mit Klassen wie A1. In der Praxis wird A1 oft als “vergleichbar/äquivalent” zu bestimmten Anforderungen aus dem EN-356-Umfeld gelesen – wichtig ist jedoch:
- Prüfberichte sind immer norm- und zeitbezogen zu bewerten.
- Für neue Ausschreibungen wird in der Regel DIN EN 356 als Referenz verwendet.
- Wenn A1 gefordert/akzeptiert wird, sollte das explizit in der Ausschreibung beschrieben werden (inkl. Nachweisform).
🧩 So formulieren Sie die Anforderungen in Planung & Ausschreibung
1) Norm + Klasse eindeutig nennen
- EN 12600:2000 – Klasse 2B2 (oder 1B1)
- DIN EN 356 – Klasse P2A (oder P3A)
2) Nachweisform festlegen
- Prüfbericht / Klassifizierungsnachweis (systembezogen)
- Angabe, ob Nachweis für Glas + Folie oder nur Glas gilt
- Dokumentationspflicht in der Abnahme (Projektakte)
3) Einbausituation & Montage mitdenken
- Innen- vs. Außenmontage (Einfluss auf Haltbarkeit, Reinigung, Exposition)
- Randbereiche / Kanten / Übergänge (wichtig für Systemwirkung)
- Umgebungsbedingungen (Feuchte, Publikumsverkehr, Vandalismus-Risiko)
Passend zur Projektpraxis: Checkliste für Großprojekte mit Folien →
⚠️ Typische Fehler bei Normklassen (und wie man sie vermeidet)
„2B2 ist das gleiche wie P2A“
Nein – EN 12600 prüft Stoß/Pendelschlag (Personenstoß), DIN EN 356 prüft Angriff/Durchwurf.
„Die Folie allein erfüllt die Klasse“
Die Klassifizierung bezieht sich in der Regel auf das System (Glas + Folie + Montage + ggf. Randanbindung).
„Ein alter A1-Nachweis reicht immer“
In Bestandsprojekten kann das passen – für neue Ausschreibungen sollte der Normbezug sauber festgelegt werden.
Weiterführende Planung & Ausschreibung
🏁 Fazit: Normklassen sauber trennen – dann wird die Ausschreibung belastbar
2B2 / 1B1 (EN 12600) und P2A / P3A (DIN EN 356) beschreiben unterschiedliche Sicherheitsziele. Wer die Anforderungen normklar formuliert und systembezogene Nachweise einfordert, vermeidet Fehlinterpretationen – und schafft eine solide Basis für Planung, Vergabe und Abnahme.
Wenn Sie im nächsten Schritt in die Produktwelt wechseln möchten, finden Sie die Übersicht
der Sicherheitslösungen hier (nur einmalig verlinkt, um Dopplungen zu vermeiden):
Sicherheitsfolien – Übersicht der Lösungen →
Fachautor & Projektberater: Lars Magenau
Lars Magenau ist seit über 15 Jahren technischer Berater für Fensterfolien in Großprojekten. Er unterstützt Architekten, Planungsbüros und öffentliche Auftraggeber bei der normgerechten Auswahl und Ausschreibung von Folienlösungen.
Schwerpunkte: Montageverfahren, Sicherheitsfolien, thermische Risikoanalyse, Großprojekte
